Wir sichern europäische Qualitätsstandards durch die ÖNORM

Bei der erfolgreichen Umsetzung von Betreutem Wohnen spielt die ÖNORM, genauer gesagt der Praxiskommentar zur ÖNORM CEN/TS 16118 “Betreutes Wohnen für ältere Menschen” eine bedeutende Rolle.  Zur langjährigen Expertise von Silver Living zählt nicht nur das Auseinandersetzen mit dieser Thematik – Geschäftsführer Walter Eichinger hat die ÖNORM CEN/TS 16118 auch maßgeblich mitentwickelt.

Bereits seit Mai 2012 gibt es mit der ÖNORM CEN/TS 16118 „Betreutes Wohnen für ältere Menschen“ europaweit geltende Qualitätsmaßstäbe für Betreutes Wohnen. Sie richtet sich an alle, die mit der Entwicklung und Realisierung sowie dem Betrieb von Projekten des Betreuten Wohnens zu tun haben. Einer der großen Vorteile dieser Standardiserung von baulichen Anforderungen und Dienstleistungen besteht darin, dass Anbieter sie zur Grundlage von Angeboten und Verträgen machen können. Selbst Gesetze können sich auf Standards beziehen, indem sie z.B. Norm-Konformität vorschreiben.

Die ÖNORM CEN/TS 16118

Ausgehend von unterschiedlichen nationalen Regelungsgraden der Dienstleistung „Betreutes Wohnen“ haben sich sechs nationale Normungsorganisationen mit ihren Experten in einem Projektkomitee des CEN (Comité Européen de Normalisation) zusammengefunden, um einen gemeinsamen europäischen Standard für die Anbieter von Betreutem Wohnen zu entwickeln.

Die daraus resultierende Norm weist insgesamt fünf Anforderungskomplexe auf, von denen wir heute die beiden wichtigsten näher beleuchten:

  • Anforderungen an Art und Umfang der Dienstleistungen
  • Anforderungen an die Transparenz und Informationstätigkeit des Anbieters
  • Standards an das „Wohnen“ – differenziert in Anforderungen an den Standort und solche an das Gebäude selbst
  • Anforderungen an die Vertragsgestaltung
  • Anforderungen an ein Qualitätsmanagement

Anforderungen an Art und Umfang der Dienstleistungen

Die Anforderungen an die Dienstleistungen unterscheiden zwischen Standards für die Grund- bzw. allgemeinen Betreuungsleistungen, inklusive Standards für das Anforderungsprofil für die Betreuungspersonen im Betreuten Wohnen und den Personalbedarf auf der einen Seite, und den Wahlleistungen bzw. weiterführenden Betreuungsleistungen, die vermittelt werden müssen bzw. vom Betreuungsträger selbst erbracht werden können auf der anderen Seite. Der Katalog der Grundleistungen beinhaltet im Wesentlichen die Leistungskomplexe des haustechnischen Services (soweit nicht vom Vermieter bzw. Eigentümer der betreuten Wohnung zu verantworten) die Notrufsicherung in Form des bekannten Haus-Notrufs bzw. gleichwertiger Systeme und der Betreuungsleistungen an sich.

Zu den Betreuungsleistungen gehören unter anderem die Bereiche der Beratung, der Informa­tionstätigkeit und der Vermittlungs- und Organisationstätigkeiten. Vom Wesen her handelt es sich insbesondere um Unterstützungsleistungen mit dem Ziel, die Selbstständigkeit der Seniorinnen und Senioren zu gewährleisten, diese zu stärken und gegebenenfalls sogar wiederherzustellen. Soziale und kulturelle Aktivitäten sowie geistige und körperliche Aktivierung als Teil der Betreuung dienen etwa dem Ziel, Kontakte zum gesellschaftlichen und kommu­nalen Umfeld zu schaffen und aufrechtzuerhalten, um so gemeinschaftsfördernde Maß­nahmen zu unterstützen, die einer möglichen Singularisierung der Bewohner entgegenwirken.

In diesem Zusammenhang gewinnt auch die Vermittlungs- und Organisationstätigkeit innerhalb der Betreuung ihre Bedeutung. Diese hat im Wesentlichen zum Inhalt, dass der Betreuungsträger den Bewohnern die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Wahlleistungen – in der Regel durch Drittanbieter – bietet und sie über den Prozess hinweg unterstützt. Die Liste der Wahlleistungen ist dezidiert und geht über hauswirtschaftliche Hilfen, pflegerische Hilfen, weitergehende haustechnische Dienste über Hol- und Bringdienste bis hin zu Leistungen im Krankheitsfall und bei Krankheitsaufenthalt.

Bauliche Anforderungen

Die baulichen Anforderungen an eine normgerechte, Betreute Wohnanlage umfassen zunächst die Anforderungen an die Wohnanlage an sich und an die Wohnungen, die sich in dieser befinden. Ausgangspunkt ist, dass die Betreute Wohnanlage ein selbstständiges Leben der Mieter ermöglichen muss. Dies bedeutet in baulicher Hinsicht generell, dass sich das Wohnangebot in einem seniorengerechten Wohnumfeld befinden muss. Aufgrund ihrer Lage sollte die Wohnanlage die Voraussetzungen für eine autonome Lebensweise bieten und die Integration der Bewohner ins örtliche Gemeinwesen erleichtern. Einkaufs- und Versorgungsangebote sollten etwa durch einen maximal 500 m weiten Fußweg erreichbar sein. Die Wohnanlage an sich, die dazugehörigen Gebäudezugänge, Freiflächen und Verbindungswege sowie die Zugänge zu Parkplätzen und Müllcontainern müssen barrierefrei gestaltet sein. Anm.: Es geht hierbei nicht um die Schaffung von Rollstuhlgerechtigkeit, sondern um Barrierefreiheit im Wohnen.

Auch die Gemeinschaftsflächen (meist ein möblierter, flexibel nutzbarer Gemeinschaftsraum) müssen den Ausführungsstandards der ÖNORM entsprechen, nicht zuletzt da ein Großteil der Betreuungsleistungen dort stattfindet. Entscheidend ist bei der Umsetzung der baulichen Anforderungen, dass die Wohnanlage gemeinschaftsorientiert ist, sich von der Lage her nicht auf der „grünen Wiese“ befindet und dass die unmittelbare Wohnumgebung, nämlich die Wohnung an sich, im Kern schwellenfrei ist, um ein Wohnen mit Handicaps sowie gegebenenfalls Pflege (der Stufen 1 – 3) in den eigenen vier Wänden zu ermöglichen.

Mehr Informationen zum Betreuten Wohnen finden Sie hier.

Quelle: Lutz, Michael; Eichinger, Walter; Hastedt, Ingrid: Betreutes Wohnen für Senioren – die ÖNORM CEN / TS 16118. Praxiskommentar

Anm.: Eine aktualisierte Auflage des Praxiskommentars zur ÖNORM CEN/TS 16118 ist für 2022 geplant.

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