Rund € 17,2 Mrd. müssten bis 2030 in Betreute Wohnanlagen investiert werden

Bis 2030 prognostiziert Silver Living einen zusätzlichen Bedarf von 101.500
Betreuten Wohnungen. Dies entspricht Gesamtinvestitionskosten von rd. € 17,2 Mrd., so das Ergebnis von „Seniorenwohnen Österreich – 2. Marktbericht 2020/21“* von Silver Living.
Basis der Studie ist die Datenanalyse des Markführers für freifinanziertes Seniorenwohnen in Österreich. Beim Pressegespräch am 21. April präsentierte die Silver Living Geschäftsführung die Ergebnisse.

Mit der derzeitigen Bautätigkeit sind 101.500 Betreute Wohnungen bis 2030 unmöglich, schon heute besteht ein zusätzlicher Bedarf von 80.000 Wohneinheiten für Betreutes Wohnen“,erklärt die Geschäftsführung von Silver Living, Walter Eichinger und Thomas Morgl. „Es existieren weder Ersatzgüter noch ist auf lange Sicht eine Aussetzung dieser „basic needs“ denkbar. Umso unverständlicher ist es, dass sich die „Politik“ nicht dem eklatanten Mangel an altersgerechten Wohnungen widmet.“

In den kommenden Jahren wird sich das Senioren-Wohnproblem durch die „Baby-Boomer Generation“ in der Gesellschaft weiter verschärfen, wenn nicht massiv gegengesteuert wird. Das betrifft den Neubau von altersgerechten Wohnungen, aber vor allem auch das altersgerechte Sanieren. Ein Großteil der erforderlichen Senioren-Wohnungen wird durch den Umbau vorhandener Wohnungen entstehen müssen.

Ein Viertel der Österreicher zählen zu den Best Agern

Hauptzielgruppe für Betreutes Wohnen sind Menschen ab ca. 60 Jahren, die sich im Ruhestand befinden und geistig sowie körperlich fit sind – sogenannte „Best Ager“. Mit 1.1.2020 zählten rd. 26 % der österreichischen Bevölkerung zur Altersklasse 60 plus und gehörten damit zu den Best Agern. Gemäß Statistik  Austria waren 15,8 % zwischen 60 bis 74 Jahren und 9,6 % waren älter als 75  Jahre.

Nominal waren das 2,26 Mio. Menschen, davon 1,41 Mio. mit 60 bis 74 Jahren und 851.000 mit 75 plus. Laut Prognosen der Statistik Austria wird diese Bevölkerungsgruppe bis 2030 mit einem Zuwachs von rd. 530.000 Personen fast ein Drittel der Gesamtbevölkerung ausmachen. 55,2 % der Best Ager waren per 1.1.2020 weiblich, mit zunehmendem Alter stieg auch der Überhang, bei über 75-
jährigen waren es bereits 58,5 %. Dies lässt sich auf eine höhere Lebenserwartung der Frauen zurückführen.

Bei älteren Menschen (65 plus) war in den vergangenen Jahrzehnten ein deutlicher Sterblichkeitsrückgang zu beobachten. Bei Männern mit 65 plus stieg die fernere Lebenserwartung zwischen 1978 und 2019 von 12,5 auf 18,3 Jahre. Bei Frauen sogar von 15,9 auf 21,5 Jahre. Gleichzeitig wurde diese Entwicklung von einer Verbesserung des subjektiven Gesundheitszustandes begleitet.

Best Ager zu oft in Pflegeeinrichtungen – Betreutes Wohnen um zumindest mehr als die Hälfte günstiger

Gemäß Pflegedienstleistungsstatistik aus 2019 betrugen die Bruttoausgaben für stationäre Betreuungs- und Pflegedienste pro Person pro Jahr in Österreich durchschnittlich 35.300. Im Gegensatz dazu beliefen sich die Bruttoausgaben pro Person und Jahr bei alternativen Wohnformen (Betreutes Wohnen) auf rd. € 7.900.

Berücksichtigt man Dienste, die mit dem Betreuten Wohnen kombiniert werden könnten, so kämen rd. € 4.400 für Mobile Betreuungs- und Pflegedienste bzw. rd. € 3.000 für mehrstündige Alltagsbegleitung und Entlastungsdienste hinzu. Daraus folgt, dass die maximalen Unterbringungskosten im Betreuten Wohnen um zumindest mehr als die Hälfte günstiger sind.

„Noch immer wohnen viele Menschen mit geringer Pflegestufe und hohem Grad an Selbständigkeit in Pflegewohnheimen, müssten dies aber nicht“, erklären Eichinger und Morgl. „Die damit verbundenen Kosten für die öffentliche Hand aber auch für die Seniorinnen und Senioren sind aber vergleichsweise hoch. Würden diese Personen in einer Betreuten Wohnhausanlage leben, wären deren maximale Unterbringungskosten um mehr als die Hälfte günstiger als in einer Pflegeeinrichtung.“

Betroffen sind davon vor allem ältere Menschen ohne Pflegebedarf – wie auch jene in den Pflegegeldstufen 1 bis 3.

„Diese können in einer Betreuten Wohnanlage besonders gut betreut werden“, ergänzt Eichinger, „doch auch höhere Pflegestufen können je nach individueller Situation der Betroffenen im Rahmen des Betreuten Wohnens abgedeckt werden.“

Pflege nicht Teil von Betreutem Wohnen

Auf den ersten Blick unterscheiden sich Betreute Wohnanlagen kaum von Standardwohnhäusern. Obwohl in den Wohneinheiten sowie in der Bauweise des Gebäudes unterstützende Sicherheits- und Mobilitätselemente integriert sind, liegt eine Verbindung mit herkömmlichen Pflegewohnheimen fern. Grundsätzlich haben Betreute Wohnhäuser meist eine überschaubare Größe mit 10 bis 30 Wohnungen und zentrale Lage.

Im Gegensatz dazu werden in Pflegeheimen häufig sehr viel mehr Menschen untergebracht. Pflege ist grundsätzlich im Grundleistungspaket von Betreutem Wohnen nicht vorgesehen, kann aber in eingeschränktem Ausmaß durch mobile Dienste und 24h-Betreuung sichergestellt werden.

Betreutes Wohnen eignet sich auch für Menschen mit Pflegeeinstufung

Derzeit beziehen in Österreich rd. 463.000 Einwohner Bundespflegegeld. Rd. 83 % davon, also etwa 382.000 Personen, zählen zu den Best Agern und befinden sich in der Altersklasse ab 60 Jahren. Für Betreutes Wohnen zählen, wie bereits erwähnt, sowohl Best Ager ohne Pflegestufe als auch jene in den Pflegestufen 1 bis 3 zur Hauptzielgruppe. Diese (PGS 1-3) machen etwa 257.500 Personen und
56 % aller Pflegegeldbezieher in Österreich aus. Davon sind rd. 170.300 Frauen (66 %) und rd. 87.200 Männer (34 %). Doch auch höhere Pflegestufen können je nach individueller Situation der Betroffenen im Rahmen des Betreuten Wohnens abgedeckt werden. Eine bestimmte Pflegestufe gilt im Betreuten Wohnen grundsätzlich nicht als eindeutiges Ein- oder Ausschlusskriterium für die Eignung. Dennoch gelten die Pflegestufen 1 bis 3 als lose Richtlinie, um eine gewisse Abgrenzung zu verdeutlichen.

Gründe für Betreutes Wohnen

„Einer der Hauptgründe für Betreutes Wohnen ist, dass Menschen nach dem Verlust desLebenspartners nicht allein bleiben möchten“, erläutern Eichinger, Trummer und Morgl. „Oder es verändern sich die Anforderungen an die Wohnsituation – Häuser sind plötzlich zu groß, das Treppenhaus zu beschwerlich oder organisatorische Belange des täglichen Lebens zu kompliziert. Eine kleinere, eigene Wohnung mit sozialen Anschlussmöglichkeiten und persönlicher Betreuung ist gewünscht.

„Der größte Mehrwert für die Bewohner ist das Gemeinschaftsgefühl, welches durch die Betreuungskraft vor Ort gezielt gefördert wird, und dass Unterstützung gegeben ist, wenn gewünscht“, so Morgl.